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Tim Höfer

Product Design Director
AJ&Smart

Kurzbeschreibung

Wir sind heute in Berlin zu Gast bei AJ&Smart, einem Unternehmen, dessen Ziel es ist, Arbeitsprozesse vor allem mithilfe von Design Sprints zu optimieren. Unter Zuhilfenahme eben dieser Methode werden Produkte, insbesondere digitale Produkte, schneller auf den Markt gebracht, um nicht nur aus Vermutungen heraus, sondern aus Benutzerdaten lernen zu können. Neben dem Entwerfen von Produkten berät AJ&Smart bei digitalen Innovationen und bietet Trainingsworkshops für Designer, Unternehmer und Unternehmen an. AJ&Smart hilft den größten Unternehmen der Welt Produkte zu entwickeln und schneller Innovation zu erzielen. Unter anderem Google, Slack, Bose oder McKinsey, um nur ein paar Kunden von einer ziemlich langen Liste zu nennen, haben diese Dienste schon Anspruch genommen. Heute dürfen wir mit Tim Höfer sprechen. Er ist Director of Product Design bei AJ&Smart und arbeitet überwiegend an der Schnittstelle von Benutzerbedürfnissen und Geschäftszielen. Seine Arbeit reicht von der Konzeption bis hin zur Ideenfindung und Validierung möglicher Lösungen. Dazu gehören Workshop Moderation, Beratung und praktische Design Arbeiten, also UX, UI, Prototyping und User Testing. Wir freuen uns heute hier sein zu dürfen, vielen Dank für deine Zeit, Tim.

Das Gespräch mit Tim Höfer führte Niklas Münchbach am 21.10.2019 bei AJ&Smart in Berlin.

Motivation

Auf deiner Webseite sagst du über dich selbst, dass du Produkte und Services gestaltest, die Leute gerne nutzen, ist das perfekte digitale Produkt deine Motivation, als Product Designer zu arbeiten?

Ja, auf jeden Fall, was mich am Bereich digitale Produktentwicklung sehr interessiert und auch immer sehr begeistert hat, ist diese Unmittelbarkeit des Feedbacks. Ich habe auch einen klassischen Design Background. Ich studierte an einer Kunsthochschule und hatte schon damals ein starkes Interesse an neuer Technik, Apps und Software. Das war damals noch ein ziemlich nischiges Thema und kein Bestandteil der Ausbildung, aber ich wusste, dass mich diese Art zu arbeiten interessiert. Erst mal überhaupt Research zu machen, um herauszufinden was eigentlich für den Nutzer interessant ist und dann auch vom Nutzer zu hören, ob das Produkt auch das Ziel erreicht. Das ist der große Unterschied zu eher klassischer Designarbeit, wie man sie vielleicht vor 50 Jahren gemacht hat. Es geht nicht nur um Inspiration und darum etwas Cooles zu machen, sondern auch darum zuzuhören, die eigene gestalterische Eitelkeit zurückzufahren und zu verstehen dass es nicht nur darum geht sich oder die eigene Kreativität zu präsentieren. Kreativität kann ein Werkzeug sein, das Leuten etwas gibt und ihnen in ihrem Leben hilft, das ist es, was mich an diesem Beruf reizt. Es ist ein Dialog, kein Monolog. Das ist für mich der Unterschied zu Kunst. Selbstdarstellung und die Kommunikation der kreativen Vision ist natürlich ein anderer Aspekt. Design ist im Dienste von anderen Menschen und der Schnittstelle zwischen Nutzern, Geschäft und strategischen Zielen des Business. Das ist untrennbar voneinander, das erreichen der Ziele für ein Unternehmen und der Fokus auf den Nutzer ist nur als Verschränkung nachhaltig. So kann ein erfolgreiches digitales Design gestaltet werden.

Designbegriff

Du machst eine Trennung zwischen Kunst und Design und du bist eher aus der praktikablen Nutzer Richtung. Kannst du uns kurz erläutern, was Design sonst noch für dich ist?
Das ist eine interessante Frage mit der ich sehr lange gehadert habe. Die Übergänge zwischen Design und Kunst sind manchmal fließend, daher haben viele Designer ein Problem damit, das für sich zu definieren. Jemand der beispielsweise Illustration macht könnte theoretisch sowohl in der Kunst als auch in der Gestaltung unterwegs sein. Oft geht es darum, für was man etwas macht. Illustriert man für die Werbung, macht man Story Boards, oder sitzt man in seinem Studio und macht Cover für den New Yorker. Das ist ein interessanter Widerspruch. Was mir hierbei geholfen hat, war die Beschäftigung mit den Ursprüngen von Design Thinking. Der Theoretiker Nigel Cross beschäftigte sich viel damit, wie Designer denken. Seine These ist, dass es in der klassischen Bildung zwei Pole gibt, nämlich Arts und Science. Seiner Meinung nach müsste es einen dritten Punkt geben, der Design abbildet. Bei der Kunst geht es darum total free-flowing zu arbeiten. Man hat eine Ideen die aus einem selbst heraus kommt. Die Wissenschaft ist sehr getrieben von Analyse, bei der es eine perfekte Lösung gibt. Der gestalterische Problemlösungsansatz stellt einen dritten Punkt da, bei dem es und die Art geht, sich mit Problemen zu beschäftigen. Dieser Punkt ist eher experimentell und ohne Antwort die absolut klar umgrenzt werden können. Es kann verschiedene Antworten geben die auf ihre Art und Weise alle valide sind und verschiedene Dinge in ihrer Lösung erreichen. Beim Design setzt man sich nicht hin und arbeitet an einer perfekten Lösung, sondern an einer breiten Range und verschiedenen Ansätzen von denen man dann mit einigen weiter arbeitet. Man robbt sich langsam ans Ziel heran und das immer im Abgleich mit der Realität und der Umsetzbarkeit. Es ist wichtig sich dabei Gedanken über die Zielsetzung zu machen, also welchem Problem man dabei begegnet. Das ist für mich der Unterschied zwischen Kunst und Design, Kunst muss kein Problem lösen. Kunst ist ein kreativer Ausdruck, der sehr spekulativ sein kann, Design dagegen ist immer sehr in der Realität verankert, durch das Auseinandersetzen mit bestimmten Problematiken und dem Finden verschiedener Lösungswege.
Du greifst also auf diese theoretische Definition zurück bei der Design als Mittelpunkt zwischen naturwissenschaftlichen Disziplinen und der Kunst beschrieben wird. Etwas das näher an der Beschreibung der objektiven Realität steht als die Kunst, aber weiter davon entfernt ist als die Naturwissenschaften?
Ich würde es gar nicht als Mittelpunkt bezeichnen, sondern als etwas drittes, komplett eigenes. Genau das ist auch das Interessante daran. Wir machen unter anderem Design Thinking Trainings mit Firmen und wenn man das auf dem jeweiligen Prozess aufbaut, ist es wirklich eine Art zu denken und eine ganz andere Art mit Problem umzugehen. Viele Leute, die mit einem Business Background in Firmen arbeiten, haben gar nicht diese experimentelle Denkweise, weil es für diese Leute oft sehr Zahlen und Nummern getrieben ist. Diese Denkweisen sind schwarz-weiß. Essenziell für den Prozess ist es zu vermitteln, dass es nicht immer schwarz oder weiß ist, sondern dass es auch Graustufen sein können und es verschiedenen Lösungsansätze gibt. Das ist auch eine Art zu denken, eine Art mit der Welt umzugehen und ich glaube dass Leute die in Richtung Design gehen oftmals diese Art zu denken in sich tragen. Fast alle Leute die ich kenne, die sich mit Design auseinandersetzen sind nicht dazu gekommen weil sie einen Job brauchten und deshalb DesignerInnen werden wollten. Sie haben schon immer als DesignerInnen gearbeitet, auch als ihnen noch gar nicht bewusst war, was Design eigentlich ist. Dieses spielerische Ausprobieren von Sachen, dass man auch schnell wieder verwirft. Das ist etwas sehr Typisches, deswegen würde ich sagen, das Design eigentlich gar nicht unbedingt zwischen Kunst und Wissenschaft steht, sondern etwas Eigenes ist. Natürlich gibt es immer wieder Anknüpfungspunkte. Design Research beispielsweise ist natürlich sehr nahe am wissenschaftlichen Arbeiten gerade im Bereich der User Studies.
Du hast gesagt, Design ist sehr experimentell und in der Realität verankert. Kannst du benennen was genau zu deinem Designbegriff gehört und was nicht?

Das ist schwer zu sagen. Es gibt schon gewisse Dinge, die ich immer als Bestandteil von Design sehe. Für mich ist es immer das wichtigste, dass es um reelle Probleme geht und man ein Interesse daran mitbringt, wie die Welt mit der Gestaltungslösung umgeht. Als DesignerIn muss man immer daran denken, wer die Gestaltung nutzt und wie sie die Welt beeinflusst. Wenn man dieses Interesse nicht hat, ist man auch kein DesignerIn, sondern vielleicht eher ein Künstler und erwartet, dass die Welt sich damit auseinandersetzt. Was man als DesignerIn erzeugt stehen nicht für sich allein, sondern muss auf die Welt eingehen, genauso wie die Welt auf diese Dinge eingeht. Es ist also keine Einbahnstraße, sondern eine Wechselwirkung und ein Dialog. Man kann als DesignerIn zwar stolz auf seine Arbeit sein und eine Meinung dazu vertreten, sollte aber nicht dieses kreative Ego haben und verstehen, dass die Hauptpersonen die sind, die das Ding dann benutzen. Das muss aus meiner Sicht Bestandteil des Designprozesses sein.

Design muss also eine Wechselwirkung zur Welt aufbauen und soll nicht ohne die Rückkopplung der Welt erschlossen werden. Ein Pingpongspiel mehr oder weniger. Je nachdem was in der Welt passiert wirkt sich das somit auch auf dein Verständnis von Design aus. Kann daher dein Designbegriff überhaupt endgültig formuliert werden?

Runtergebrochen auf die Basics würde ich sagen, Design ist eine Art Problemlösungsmechanismus oder Problemlösungsprozess. Natürlich könnte man sagen alle Jobs haben mit Problemen zu tun, der Herzchirurgen oder Klempner lösen auch Probleme, doch die Qualität der Probleme bei Design ist eine andere. In den meisten Jobs sind die Probleme relativ klar definiert, das können zum Teil technisch extrem komplexe Probleme sein, doch der Rahmen ist dabei klar abgesteckt. Bei Design ist es oft nicht so. Das ist der entscheidende Punkt, so etwas findet man nicht in der Wissenschaft oder der Kunst. Probleme die man als DesignerInn löst sind oft sehr schwammig definiert und schlecht verständlich. Wenn ich mit Kunden rede, merke ich oft, dass das was sie denken zu brauchen nicht das eigentliche Problem abbildet. Auf viele Fragen haben sie gar keine Antworten und meist ändert sich im Dialog mit dem Kunden auch die Problemstellung. Oft fängt man bei Punkt A an, bespricht und entwickelt von dort aus und stellt dann fest, dass dieser Punkt A, von dem der Kunde fest überzeugt war, gar nicht das Hauptproblem zu sein scheint. Der Übergang zum eigentlichen Problem X ist dann meistens fließend. Das ist der Unterschied zu einem Klempner, der kommt irgendwo hin und wird mit einem technischen Problem konfrontiert. Er versteht es auf Anhieb, da er das System kennt und das Problem abgrenzen kann. Als DesignerIn kann man das nicht immer abgrenzen, das ist der Punkt, an dem es über das rein Handwerkliche hinaus geht und zu einem Denkprozess wird. Viel Designarbeit ist explorativ, durch eine strategische Herangehensweise muss im ersten Schritt erst mal das Problem verstanden werden. Diesem Missverständnis unterliegen viele Leute die keinen Design Background haben und davon sprechen. Design ist nicht nur Sketch, Figma oder Zeichnen, das ist ein Aspekt davon, das handwerkliche, aber die eigentliche Arbeit passiert im Kopf, gedanklich oder im Dialog mit anderen. Das ist ein entscheidender Punkt.

Wenn du von Design sprichst, gehört da Kommunikationsdesign für dich dazu, ja oder nein?
Ja, auf jeden Fall.

Theorie & Praxis

Alles klar, wir verlassen nun deine Definition des Designbegriffes und kommen zur Theorie und Praxis. Ihr arbeitet ja viel mit Design Sprints, theoretische Ansätze sind euch da wahrscheinlich nicht ganz fremd. Wie würdest du das derzeitige Verhältnis zwischen Theorie und Praxis beschreiben?

Die Auseinandersetzung mit Nigel Cross und seinen Ideen war für mich extrem hilfreich, auch für meine eigene Praxis, weil ich viel besser verstanden habe, warum ich Dinge mache, wie ich sie mache. Das war für mich schon eine große Hilfe auch in der Kommunikation mit anderen Leuten. Ich habe erstmals verstanden, dass wahrscheinlich nicht jeder so wie ich und andere DesignerInnen denken. Es ist also nicht selbstverständlich etwas anzugucken und schon eine oder mehrere Ideen zu haben. Dennoch, zwischen Theorie und Praxis sehe ich eine Trennung, für mich sind es zwei Welten. Ich beschäftige mich nicht viel mit Designtheorie, ich beschäftige mich eher mit angewandten Dingen, die ich dann auch in der Praxis anwenden kann. Die Theorie dahinter finde ich zwar persönlich schon interessant und wie gesagt, eine Auseinandersetzung damit kann sich schon lohnen, aber für mich ist Design ein praktischer Ansatz zum Lösen von Problemen. Man kann sich viele Gedanken darüber machen wie etwas ist, wie es funktioniert und welche Vorgänge dabei passieren, aber für mich ist das Praktische wichtiger. Die Auseinandersetzung mit Problemen ist der Schlüssel im Design. Die Ärmel hochkrempeln, bereit sein sich in einen Dialog zu begeben, was natürlich auch sehr anstrengend sein kann. Theorie spielt da im Hinblick auf bessere Ansätze schon in gewisser Weise nur Rolle. Design Sprints, sind auch Prozesse, Ideen und Methoden, die neu zusammen gepackt wurden, aus dem Design Thinking und Lean-Startup. Für mich ist das aber keine Theorie, sondern eher ein Framework, das man praktisch einsetzen kann. Daher ist meine Arbeit auch sehr praxisorientiert, es geht dabei nicht so sehr um Theorie. Theoretisch ist es auch nicht untermauert, wir arbeiten zwar mit dem Autor Jake Knapp zusammen, doch der kommt ebenfalls aus der Praxis. Knapp fragte sich nicht wie Design funktioniert, sondern hat in der Praxis Probleme und Ideen gesehen, wie man einen Prozess neu strukturieren kann und dann einfach gemacht. Im Grunde also eine Art Designarbeit.

Designtheorie ist also ein spannendes Feld, aber nicht der Kern deiner Inspiration. Eine Galerie würde dir daher mehr für deine für deine Gestaltung bringen, als ein Buch über Designtheorie zu lesen. Oder hat die Theorie da doch einen Einfluss auf dich?

Ich möchte auch nicht zu pauschal sagen, dass die Theorie keine Rolle spielt. Da gibt es ganz verschiedene Ansätze. Sobald man allerdings erst mal raus ist aus der Hochschule merkt man plötzlich, dass ganz andere Sachen wichtig sind. Es gibt Dinge, mit denen man sich als Designer in der Praxis viel mehr beschäftigt als mit der Nabelschau was Design ist, wie man als Designer denken soll oder wie man mit der Welt in Verbindung steht. Ich beschäftige mich beispielsweise eher mit Ansätzen aus dem Business oder auch Dingen wie User Experience. Dinge die ich dann auch in der Praxis einsetzen kann, sind für mich immer viel interessanter. Die Auseinandersetzung mit Designtheorie ist natürlich auch interessant, doch als Designer sollte man am besten Sachen aus den verschiedensten Bereichen zu Rate ziehen. Grundsätzlich ist die Beschäftigung mit Theorie also schon wichtig, es muss aber nicht immer Designtheorie sein. Designtheorie ist mir oft zu weit weg von der Praxis. Da sind sicherlich schöne Ideen dabei, aber Auswirkungen auf beispielsweise die Zusammenarbeit mit einem Kunden sind kaum vorhanden. Oft fehlt hierfür auch das passende Vokabular, ich finde es ein bisschen gefährlich als Designer den Nimbus aufzubauen man hätte die Welt verstanden und der Kunde hat keine Ahnung wovon man eigentlich redet. Also in Sphären unterwegs zu sein, die nicht mehr nachvollziehbar sind, obwohl ein konkretes Problem besteht.

Also der Elfenbeinturm?
Ja, genau. Das ist natürlich immer das Problem mit der Theorie. Aber wie gesagt, ich möchte gar nicht so sehr gegen Theorie argumentieren. Es ist sicherlich gut eine Auseinandersetzung damit zu haben und ich sehe auch einen Wert darin, man darf nicht aus dem Blick verlieren, dass es schwer ist Theorie und Praxis im Design zu trennen. Ich möchte niemandem in Abrede stellen, dazu auch eine fundierte Meinung haben können. Für mich hat Design aber immer ein Praxisaspekt.
Gerade hast du erzählt, dass sich deine Praxis nicht explizit mit der Designtheorie beschäftigt, was beschäftigt dich denn sonst? Wie erlebst du gerade deine Disziplin, und was passiert in deinem Umfeld?

Gerade befinden wir uns in einer sehr spannenden Zeit. Immer mehr Kunden verstehen und akzeptieren den Wert von Design über den gesamten Prozess einer Produktentwicklung, man muss viel weniger Überzeugungsarbeit leisten. Sie haben verstanden, dass es nicht nur darum geht etwas cool anzustreichen oder etwas zu verkaufen. Heute wird man als DesignerIn von Anfang an integriert. Die Kehrseite davon ist die wachsende Verantwortung Themen zu verstehen, die nicht Teil der klassischen Designausbildung sind. Mein Job, als ich studiert habe hätte ich diese Richtung nie erwartet, ist mittlerweile sehr nah an der Unternehmensberatung. Es gibt viele Workshops und Meetings, die praktische Designarbeit ist immer noch ein integraler Bestandteil, aber die Auseinandersetzung mit Kunden auf Augenhöhe wird immer häufiger gefordert. Vor 10 Jahren war die Art mit DesignerInnen zusammen zu arbeiten eine komplett andere. Man war eher der Serviceprovider, der Sachen schön macht. Übrigens etwas, das ich immer gehasst habe wenn es gesagt wurde. Ich hatte damals schon verstanden, dass etwas schön zu machen nur einen winzigen Teil meines Jobs darstellt. Hier wurde jetzt ein Durchbruch erzielt und immer mehr Firmen und Kunden verstehen es, auch wenn das immer noch eine relativ neue Sache ist.

Uns stehen alle Türen offen, es ist eine sehr spannend Zeit. Andererseits besteht das Risiko auf einmal in einer höheren Verantwortung zu stehen. Was für Risiken siehst du sonst noch, was für Herausforderungen kommen auf uns GestalterInnen in den nächsten Jahren zu?
Design wird immer leichter zugänglich. Als Kleinunternehmer kann man sich heutzutage seine Webseite zusammen klicken. Es braucht keinen DesignerIn mehr, ein Template reicht aus. Ich halte diesen Umstand trotzdem für überschätzt. Ich habe ehrlich gesagt noch kein einziges Template gesehen, was immer genau das gemacht hat, was Kunden wirklich wollen. Im ersten Moment sieht alles sehr cool aus, doch möchte man etwas Spezifischeres funktioniert das logischer Weise nicht, weil das im Template nie so angelegt war. Deshalb wird es das handwerklich Abarbeiten an Dingen immer geben, trotzdem ist der eigentliche Wert vorgelagert. Beispielsweise die Zusammenarbeit mit Menschen aus Unternehmen, mit denen man konkrete wirtschaftliche Ziele verfolgt. Ein weiteres Risiko ist, da sind wir jetzt an einem Punkt wo es in beide Richtung kippen könnte, dass DesignerInnen sich zu sehr im Elfenbeinturm verbunkern. Sie möchten nicht in eine Welt hinaus hineingehen, in der plötzlich ganz andere Dinge gefordert sind. Das ist ein Scheideweg für DesignerInnen in der Zukunft. Also die reine Fokussierung auf das Handwerkliche, hier kann man viel schneller ersetzt werden, oder der Fokus auf die Vorleistung, bei dem das Handwerk nur noch einen Teil der Arbeit ausmacht. Aspekte wie Beratung, wirtschaftliches Verständnis, Unternehmensstrategien und das führen von Gesprächen auf Augenhöhe mit Unternehmern, sind hierbei essenziell. An diesem Punkt stehen wir momentan.
Spricht Herausforderung, die du für GestalterInnen momentan siehst liegen in der erleichterten Anwendbarkeit von Tools, diese sind aber nicht so tief greifend wie allgemein behauptet wird. Was spielt hier das Thema KI für eine Rolle?

Das ist genau der Punkt, ich glaube, das wird total super für Leute denen Design nicht ganz so wichtig ist, die eine Idee haben aber wenig Budget für die Umsetzung. Die wollen einfach eine coole Webseite haben um dort Sachen zu verkaufen und ein kleines Business aufzumachen. In dieser Hinsicht wird Design viel zugänglicher gemacht, ähnlich wie der Bauhaus Gedanke, dass Konsumenten gutes, sehr erreichbares und günstige Design angeboten bekommen. Das Template von heute war im Bauhaus die perfekte Wohnung für den Arbeiter, die sich jeder leisten kann. Das ist allerdings der einfache Teil von Design und nicht der Teil, der wahnsinnig viel Wert generiert. Das Problem zu verstehen ist das was wertvoll ist und davon ist künstlich Intelligenz noch weit entfernt. Auch generative Designs sehen auf den ersten Blick supercool aus, man kann einen Knopf drücken oder einen Regler bedienen und schon passiert da irgendwas. Praktisch gedacht war es aber leider noch nie so, dass ich mit dem ersten Entwurf zu einem Kunden gegangen bin und es genau die richtige Lösung war. Meistens ist es so, dass erst mal Fragen kommen. Während des Gesprächs verschiebt sich dann oft das Problem. Genau das kann eben nicht über KI und Machine Learning abgedeckt werden, da diese Daten extrem qualitativ sind. Allerdings denkt kein Mensch, dass sein Job durch KI ersetzt wenn kann. Vielleicht sind wir irgendwann an einem Punkt wo das möglich ist. Aber heute ist der Job von DesignerInnen die Arbeit an Problemen, die extrem schwammig umgrenzt sind. Hier ist der Mensch immer noch viel besser als jedes Computersystem der Welt.

Mittel & Methoden

Sprich, wir müssen mit diesen Mitteln und Methoden der Herausforderung Digitalisierung und künstlicher Intelligenz begegnen? Wir müssen empathisch sein, wie müssen gut kommunizieren können, Kunden auf Augenhöhe begegnen und auch eine beratende Tätigkeit einnehmen?

Das ist genau das Ding, oft wissen Leute gar nicht, was sie wollen bis du ihn die richtigen Fragen stellst und ein Gefühl für die Politik hast, mit der sich diese Leute auseinandersetzen. Oft sind das Sachen, die nicht offen gesagt werde. Ich glaube es ist nicht so leicht, Leuten einen Online-Fragebogen zu geben in dem sie ausfüllen welche Farbe und Funktion ihre neue Website haben soll. Wenn es so einfach wäre, gäbe es keinen Bedarf an unserem Job. Das Problem bei Design in der Arbeit mit Kunden ist dieser empathische Zugang. Zu verstehen, dass der Kunde manchmal etwas anders meint als er es sagt oder ihm einfach die Sprache dafür fehlt und man Übersetzen muss. Das Wichtigste ist ihn zu beraten, in die richtige Richtung zu lenken und zusammen mit ihm Entscheidungen zu treffen. Weil Design kein komplett mechanischer Prozess ist, dürfte das eines der besten Mittel für Jobsicherheit sein.

In der Praxis arbeiten wir mit vielen verschiedenen Leuten zusammen und müssen daher immer besser darin werden zu sprechen. Spielt Transdisziplinarität dabei eine Rolle?

Absolut, das ist auch das interessante in der Arbeit mit Design Sprints. Wir haben immer zeitlich extrem begrenzte Projekte. Wir machen aus schließlich Design Sprints mit Kunden, das ist ein Zeitraum von maximal einem Monat in dem wir zusammen arbeiten. Teil dieses Prozesses ist auch Research, also erst mal zu verstehen, mit welcher Industrie man es zu tun hat. Wie funktionieren, wie ticken die Leute, was haben die für Probleme. Das heißt fast jeden Monat einer anderen Industrie ausgesetzt zu sein, von der man keine Ahnung hat. Das Interessante ist, dadurch dass ich das schon lange mache, kann ich oft Aspekte einer Industrie in eine komplett andere transferieren. Das ist ein Wert, den DesignerInnen in einen Prozesse mitbringen. Sie sind in der Lage, ohne sich zu sehr in Details zu verlieren, ein Baustein passend in ein anders Modell einzusetzen, wie bei Lego. Die Modelle haben dabei gar nichts miteinander zu tun, aber der jeweilige Aspekt passt da gut rein. Dieses kombinieren und Anwenden von Learnings aus einem Bereich auf einen anderen ist eine der Schlüsseltätigkeiten von Design. Unsere Kunden finden das immer extrem wertvoll. Anfangs habe ich das garnicht verstanden und dachte, das ist ja kein Hexenwerk, fast schon banal. Für diese Leute ist das aber garnicht banal, sondern der erste Blick über den eigenen Tellerrand und ein Zugang zu einer unbekannten Welt. Als DesignerIn kratzt man meistens nur an der Oberfläche, aber manchmal reicht das. Das ist dieses typisch interdisziplinäre Denken was man als DesignerIn mitbringen muss ohne zu sehr auf den Elfenbeinturm versteift zu sein. Man muss bereit sein mit Leuten aus anderen Industriezweigen zu reden.

Müssen wir das stärker fördern, sollte Transdisziplinarität eine größere, vielleicht sogar eine Schlüsselrolle in der Designlehre spielen?

Transdisziplinarität sollte generell eine Schlüsselrolle in der Erziehung spielen. Das Schulsystem das wir jetzt sehr lange hatten, ist stark auf ein klassisches Modell der Industrialisierung ausgerichtet in dem technischen Experten ausgebildet werden. Dieses Modell unterliegt der Prämisse, dass der Arbeiter das ganze Leben in ein und demselben Job bis Rente bleibt. Nach dem Tod wird er dann ersetzt durch eine andere Person. In der Zukunft wird es das so nicht mehr geben, also diese Idee die bei der Generation meiner Eltern vorherrscht, das man sein ganzes Leben einen Arbeitgeber hat. Diese Zeit ist vorbei. Es geht immer mehr darum, sich in Zwischenräumen wohlzufühlen, denn Jobs werden nicht mehr so eng umgrenzt sein. Es geht nicht mehr darum einen Prozess abzuarbeiten, sondern auch Probleme zu lösen wenn der Prozess nicht funktioniert. In der Designlehre ist es extrem wichtig so etwas stärker zu fördern. Allerdings sollte man kein zu großes Stück der Ausbildung abbeißen. Es ist auch gut handwerkliche Grundlagen zu kennen, um einordnen zu können was einem Spaß macht und womit man sich beschäftigen will. Als ich begann zu studieren, war meine Ambition eigentlich Illustrator zu werden, dann habe ich gemerkt, dass es mir viel mehr Spaß macht in Systemen zu denken. Ich verstand was mir wichtig ist, das war ein langer Prozess, ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, ob ich diese Möglichkeit transdisziplinärer Projekte genutzt hätte. Um zu deiner Frage zurückzukommen, ich glaube es wäre gut, wenn auf Transdisziplinarität in der Designausbildung mehr Wert gelegt würde. Es gibt dabei Grenzen wie tief das gehen sollte, aber generell würde es helfen.

Ihr seid ja Experten darin sich in verschiedene Bereiche ein zu denken. Was sind denn die Voraussetzung für solch ein transdisziplinäres Lernen, wann gelingt das gut bei euch?

Ich glaube, kritisches Denken ist extrem wichtig aber die Antwort habe ich bisher noch nicht gefunden. Die Frage ist ob das überhaupt etwas ist, was sich fördern und beibringen lässt. Es ist wichtig sich erst mal tief mit dem Problem auseinanderzusetzen und das Problem aus allen Ecken zu betrachten dazu kommt noch das interdisziplinäre Verständnis. Es gibt sehr viele bessere Designer als mich im Bezug auf die handwerklichen Fähigkeiten, doch ich kann sozusagen eine Ebene raus zoomen und das Ganze auch systemisch betrachten. Das hat mir in meiner Karriere immer extrem geholfen. Es geht nicht nur darum einen Screen zu entwerfen, sondern den Screen eingebettet in einem System zu betrachten. Das sind Skills die wir bei Leuten suchen die hier anfangen wollen, aber die sind extrem selten. Es gibt keinen kein Mangel an Leuten die richtig gut aussehende Portfolios haben, sobald man anfängt über die Probleme zu reden die sie lösen wollten, wird es immer sehr schwammig. Oft können die Bewerber gar nicht konkret sagen, warum ein Ansatz gewählt wurde, außer das es irgendwie cool aussah. Dieses Problem habe ich persönlich auch oft mit Design, dass DesignerInnen anderen DesignerInnen coole Sachen zeigen und die sagen dann, wow geil, geile Animation. Auf einer handwerklichen Ebene verstehe ich das schon, aber oft ist der Sinn dahinter nicht ersichtlich. Was mich immer total begeistert ist, wenn ich eine Case Study sehe die das zu lösende Problem klar kommuniziert und die Ansatzpunkte sinnvoll erläutert. Das Endresultat ist natürlich auch super interessant, aber ich möchte wissen welches Problem gelöst wurde. Dieses Denken fehlt vielen DesignerInnen.

Kompetenzen

Kritisches Denken haben wir jetzt gerade schon gehört, welche anderen Kompetenzen sind heutzutage für DesignerInnen wichtig aus deiner Sicht?
Kollaboration ist extrem wichtig. Das musste ich im Laufe meiner Karriere immer wieder lernen müssen, ich habe auch immer gerne allein gearbeitet, habe dann aber gemerkt, dass die Ergebnisse im Team wirklich besser werden. Wir brauchen hier keine Design Divas, aber Leute mit Meinung, die diese auch vertreten können. Dennoch ist es wichtig andere Ideen zuzulassen. Gerade bei Leuten die sehr perfektionistisch arbeiten fehlt diese Fähigkeit oft. Wie schon gesagt, auch die Kommunikation mit Kunden ist extrem wichtig, das kommt aber vor allem mit der Erfahrung. Das kann man nicht erwarten von Leuten die frisch von der Uni kommen. Die Basis hierfür ist, dass man den Leuten erst mal zuhört und keine Dinge voraussetzt die sie nicht verstehen können. Es geht im Design viel darum Informationen aus Leuten heraus zu kitzeln und Vertrauen aufzubauen. Das gilt vor allem bei Leuten die noch nicht wissen was von einem solchen Prozess zu erwarten ist. Dem Kunden gegenüber muss das Gefühl vermittelt werden ein Partner zu sein. Das geht nicht indem man sein eigenes Ego auslebt und cooles Design macht, das nichts mehr mit Kunden zu tun hat. Auch Basics wie Zuverlässigkeit sind essenziell für eine gute Zusammenarbeit, dazu gehört, dass man die Erwartungen von anderen Leuten managen kann. Besonders bei der Zusammenarbeit mit Kunden ist es wichtig Deadlines realistisch zu kommunizieren und keine falschen Erwartungen aufzubauen.
Müssen wir eher Spezialisten oder Universalisten werden um in Zukunft bestehen zu können?

Ich mag diese Idee einer T-shaped personality. Es ist wichtig eine sehr breite Range abzudecken, aber in ein paar Sachen wirklich in die Tiefe gehen zu können. In vielen Dingen bin ich auch kein Experte, ich bin aber in der Kommunikation mit Kunden gut, ich weiß genug um Fragen zu stellen und zu verstehen, was deren Problem ist. Meine Expertise ist zudem im Design und der Einschätzung technischer Umsetzbarkeit. Welchen Fokus man sich sucht ist eigentlich nicht so entscheidend. Als Designer kann man nicht alles können, man muss sich auf ein paar Sachen beschränken. Man muss sowohl Spezialist als auch Universalist sein. Es geht zwar in die Richtung Generalismus, muss aber trotzdem unterfüttert werden durch Expertise in speziellen Bereichen.

Designlehre

Was ist aus deiner Sicht momentan die größten Herausforderungen für die Designlehre, läuft etwas schief an Hochschulen und wenn ja was?

Es kommt natürlich auf die Hochschule an, ich kann da nur für meine eigene Hochschule sprechen. Als ich anfing zu Arbeiten war ich extrem naiv, aber das ist vielleicht normal. Was ich mir manchmal wünschen würde ist, dass Studenten ein bisschen früher an die Praxis herangeführt werden, in einem sicheren Rahmen. Ich persönlich habe besonders viel gelernt durch Projekte mit echten Kunden. Hier habe ich angefangen zu verstehen was es heißt mit Kunden zusammenzuarbeiten. Ich glaube, dass das vielen Leuten sehr viel bringen würde. Es gibt ja auch die Idee, dass Studierende Praktika machen müssen, den Gedanken finde ich gut. Leider werden oft nicht die richtigen Praktika angeboten. Man geht in eine Agentur, kriegt am Rande ein bisschen was mit, kocht aber eigentlich nur Kaffee. Zu meiner Zeit war das zumindest so, vielleicht ist es mittlerweile auch besser geworden. Mentoring vom Lehrpersonal bei dem sich für die Studierenden Zeit genommen wird, um sie an die Praxis heranzuführen, ohne den Anspruch auf Perfektion wäre sicher gut. Man muss den angehenden DesignerInnen einen sicheren Rahmen bieten in dem verschiedene Ansätze erprobt werden können. Was ich an der Uni gar nicht gelernt habe, ist das Leiten von Workshops. Man lernt zwar zu präsentieren, dabei spult man ein vorbereitetes Programm ab, eine dynamische Situation ist aber etwas vollkommen anderes. In der Praxis mit dem Kunden geht es darum unterschiedlichste Fragen beantworten zu können und zu merken, wenn Personen nicht aufmerksam oder unzufrieden sind. So etwas habe ich in der Uni nie gelernt, mir wurde nie vermittelt, dass das wichtig sein könnte. Ich glaube, je mehr man Studierende auf diesen großen Teil ihrer beruflichen Zukunft vorbereitet, desto besser. Dieser Skill macht den Unterschied zwischen denen, die irgendwann nur noch ausführen und denen die eine Beratungsfunktion bekommen und im Prozess viel enger mit dem Kunden zusammenarbeiten.

Ethik & Moral

Bei der letzten Frage wollen wir nun die verschiedenen Haltungen zu Ethik und Moral abklopfen. Welche Rolle sollte Ethik und Moral in der Designlehre spielen?
Ethik und Moral ist nichts, was für uns komplett unwichtig wäre. Wir haben auch schon Projekte abgelehnt. Das ist eben eine Frage, wo man diese ethische Grenze zieht. Bei einem abgelehnten Projekt ging es um Genussmittelindustrie, bei einem anderen um Sicherheitssoftware. Im ursprünglichen Kontext klang die Software recht harmlos, doch in den falschen Händen wäre es alles andere als harmlos gewesen. Daher haben wir diesen Job abgelehnt.
Setzt ihr euch dann zusammen und diskutiert darüber was euch zu gefährlich werden könnte?
Das Problem kommt ehrlich gesagt gar nicht so oft auf. Die meisten Projekte sind unproblematisch. In anderen Agenturen, in denen ich gearbeitet habe, gab es Kunden bei denen explizit gesagt wurde, das ist ein richtig großer Kunde, wir werden nicht Nein sagen, allerdings zwingen wir niemanden darauf zu arbeiten. Das ist auch ein Ansatz, die Frage nach Ethik und Moral, könnte man in vielen Bereichen auch stellen. Ich glaube da bin ich ein bisschen zu praxisbezogen. Das ist eine sehr theoretische Diskussion, ich könnte im Grunde dieses Thema für fast alle Kunden aufmachen. Die Sachen an denen ich arbeite, helfe auch dabei den Kapitalismus am Laufen zu halten, das ist für mich persönlich aber keine Frage über die ich schlaf verliere. Für manche Leute ist das ein Problem, für andere ist es ein Problem für die Tabak oder Rüstungsindustrie zu arbeiten, das muss jeder für sich selbst entscheiden. Bisher habe ich noch nie DesignerInnen getroffen, die total unkritisch sind und zu allem Ja und Amen sagen. Die hatten auch kein spezielles Fach für Design Ethik in ihrer Uni. Zu dem gibt es viele Möglichkeiten unethisch zu handeln auch abseits von Design. Obwohl Designethik momentan ein Trendthema ist, wird man in der Praxis nicht so wahnsinnig oft damit konfrontiert.
Dein Tipp wäre also aufs Bauchgefühl zu hören und wenn man merkt, dass eine persönliche Grenze überschritten wird mal genauer hinschauen?
Ja genau, ein Freund von mir hatte an seiner Uni ein Projekt, bei dem es darum ging neue Feuerwehrhelme zu gestalten, gegen Feuerwehrhelme hat erst mal keiner was, doch die Helme könnten theoretisch auch für die Armee genutzt werden. Mit solchen speziellen Fragen konfrontiert zu werden ist aber äußerst selten. Was ich hingegen schon häufig erlebt habe ist unethisches Verhalten innerhalb der Designdisziplin. Das kleine Studios mit sehr bekannten Designern sich eigentlich nur über Wasser halten können weil da 20 Studenten auf Mindestlohn arbeiten und die kreative Vision der Meister umsetzen. Das halte ich nicht nur für unfair, sondern auch gefährlich. Leute arbeiten hier für einen Hungerlohn und begeben sich zudem in ein Abhängigkeitsverhältnis, da ein solcher Name eine wichtige Karrierestationen für sie darstellt. Diese Designkoryphäen handeln unethisch wenn sie junge DesignerInnen in den Burnout treiben. Das ist in meinen Augen ein viel konkreteres Problem als das DesignerInnen jetzt plötzlich orbitale Laser Plattform entwickeln, die von den falschen eingesetzt werden könnten. Solche Dinge passierten tagtäglich ich glaube die Designindustrie selbst hat ganz krasse Ethik Probleme, die nichts mit den Kunden oder Projekten zu tun haben. Daher sollte man meiner Meinung nach nicht zu sehr auf die Kunden schießen, sondern zuerst vor der eigenen Haustür kehren. Die Frage ist, wie man Leute nachhaltig fördern kann ohne sie als Wegwerfmaterial zu betrachten. Ich habe in meiner Karriere am Anfang sehr unter den Arbeitsbedingungen gelitten. Ich stellte mir oft die Frage ob es überhaupt die richtige Entscheidung war Designer zu werden. Jetzt bin ich zum Glück an einem Punkt wo ich verstehe, dass es in Ordnung ist zu manchen Sachen Nein zu sagen. Wenn man aber in einer solchen Situation steckt, ist es schwer diese Haltung zu entwickeln, weil man denkt, das sei völlig normal. Hier müssen sowohl junge DesignerInnen als auch Arbeitgeber etwas aufpassen.
Also erst mal vor der eigenen Haustür zu kehren, bevor man die Probleme der Welt als Designer lösen möchte. Eine schöne Haltung zur Ethik im Design. Lieber Tim, vielen Dank für das Interview, es hat mir total Spaß gemacht.
Cool, danke dir.